Auf Sicherheit wird in der Schweiz viel Wert gelegt. Das zeigt sich in vielen Vorschriften und Gesetzen, die bezwecken wollen, dass unser Alltag immer sicherer wird. Aber auch bestimmte Bereiche des zwischenmenschlichen Lebens sind klar geregelt. Darunter fällt auch die Ehe, für die der Gesetzgeber klare Bestimmungen erlassen hat, die das Finanzielle oder Fragen des Sorgerechts regeln, falls ein Unglück passiert. Doch wie schaut es aus, wenn man im Konkubinat oder als Patchworkfamilie zusammenlebt?
Herr Keller und Frau Peter leben zusammen im Haus von Herr Keller. Herr Keller ist geschieden und hat 2 minderjährige Kinder aus seiner früheren Ehe, für die er sich das Sorgerecht mit seiner Ex-Frau teilt. Frau Peter lebt getrennt von ihrem Mann und hat ein minderjähriges Kind mit ihm. Sie hat das alleinige Sorgerecht für das gemeinsame Kind.
Die Fallstricke
Welche Fallstricke bietet diese Konstellation? Zum einen ist Frau Peter aus steuerrechtlicher Sicht Mieterin im Haus von Herr Keller. Wenn Frau Peter Miete bezahlt, schlägt sich dies im steuerbaren Einkommen von Herr Keller nieder. Wenn Herr Keller auf eine Miete verzichtet, handelt es sich aus Sicht des Fiskus um eine Schenkung, welche Einfluss auf das Steuerbare Einkommen von Frau Peter hat.
Ein weiterer Fallstrick ist das Erbrecht. Dieses nimmt von sich aus keine Rücksicht auf eheähnliche Familienverhältnisse. Wenn ein Partner stirbt, geht das Vermögen an die gesetzlichen Erben. Im Fall von Herr Keller und Frau Peter sind das die jeweiligen Kinder. Bei Frau Peter ist ihr Mann ebenfalls erbberechtigt, da sie noch nicht von ihm geschieden ist.
Bei der Erhebung der Erbmasse bieten solche Konstellationen zusätzlichen Zündstoff, da festgestellt werden muss, welche Vermögenswerte welchem Partner gehören.
„Um sicherzustellen, dass der oder die Partner*in von Pensionskassenleistungen profitieren kann, muss die Pensionskasse rechtzeitig darüber informiert werden.“
Dann ist da noch das Sorgerecht. Dieses geht im Todesfall von Herr Keller höchstwahrscheinlich auf seine Ex-Frau über. Im Todesfall von Frau Peter wohl an ihren Mann. Dazu kommt, dass die Person mit dem Sorgerecht, auch die Verwaltung des Erbes übernimmt. Im Fall von Frau Peter führt dies zu der skurrilen Situation, dass sie im Todesfall von Herr Keller im Haus der minderjährigen Kinder von Herr Keller wohnt, das wiederum von der Ex-Frau von Herr Keller verwaltet wird.
Wie schaut es mit Leistungen für Hinterbliebene von Seite der AHV und der Pensionskasse aus? Witwen- oder Witwerrenten von der AHV werden ausschliesslich an verheiratete oder geschiedene Frauen und Männer von Verstorbenen bezahlt. Zusätzlich müssen noch weitere Bedingungen erfüllt sein. Weder Frau Peter noch Herr Keller würden im Todesfall des Partners oder der Partnerin Leistungen der AHV erhalten. Falls die Voraussetzungen für eine Witwen- oder Witwerrente erfüllt wären, gingen diese an die geschiedene Frau von Herr Keller oder den Mann Frau Peter.
Ähnlich schaut es auch bei der Pensionskasse aus. Auch hier kennt das Gesetz keine Regelung für eheähnliche Partnerschaften. Gesetzliche Leistungen werden lediglich an Witwen, Witwer und leibliche Kinder ausbezahlt.
Mögliche Optimierungen
Welche Möglichkeiten bieten sich, solche unangenehmen Situationen zu verhindern oder zu lindern? Um Erbstreitigkeiten vorzubeugen, ist es wichtig eine Inventarliste zu erstellen. Darin wird festgehalten, welcher Partner welche Vermögenswerte in die Beziehung eingebracht hat. Bei grösseren Anschaffungen während der Beziehung empfiehlt es sich, die Inventarliste zu aktualisieren.
Dem Erbrecht widersprechen kann man logischerweise nicht. Es besteht jedoch die Möglichkeit, im Testament festzuhalten, dass die gesetzlichen Erben lediglich den Pflichtteil erhalten und der oder die überlebende Partner*in den Rest. Mehr Spielraum bietet die aktuelle Rechtslage in der Schweiz leider nicht.
Bezüglich des Sorgerechts gibt es die Möglichkeit einer Sorgerechtsverfügung. Darin kann für den eigenen Todesfall der Wunsch festgehalten werden, dass das Kind beim aktuellen Partner bleiben soll. Eine solche Sorgerechtsverfügung wird in den meisten Fällen jedoch nur umgesetzt, wenn die leibliche Mutter oder der leibliche Vater nicht selbst für das Sorgerecht infrage kommen.
Die fehlenden Hinterbliebenen-Leistungen der AHV können über die private Vorsorge kompensiert werden. Eine mögliche Variante ist die gegenseitige Absicherung mit Risiko-Lebensversicherungen.
Um sicherzustellen, dass der oder die Partner*in von Pensionskassenleistungen profitieren kann, muss die Pensionskasse darüber informiert werden, dass man in einer eheähnlichen Partnerschaft lebt. Allenfalls sind Bedingungen zu beachten, die im jeweiligen Pensionskassenreglement aufgeführt sind. Am besten meldet man das möglichst rasch. Wenn der Leistungsfall eingetreten ist, akzeptieren einige Pensionskassen eine nachträgliche Anmeldung nicht mehr.
Jede Familie hat ihren individuellen Bedarf
Wie Sie sehen, handelt es sich hier um ein sehr komplexes Thema. Für einige Bereiche existieren gute Lösungsmöglichkeiten, bei anderen Bereichen bieten die Gesetze diese Möglichkeiten nicht.
Wichtig ist, sich vor Augen zu führen, dass jede Familiensituation ihre eigenen Anforderungen und Problemzonen bietet. Es ist daher unmöglich, ein allgemeingültiges Rezept bereitzustellen. Wenn Sie bei Ihnen Handlungsbedarf orten, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Zusammen werden wir herausfinden, ob in Ihrer individuellen Situation Handlungsbedarf besteht und mit welchen Lösungen allfällig vorhandene Fallstricke beseitigt werden können.
Wir freuen uns darauf, von Ihnen zu hören.